***English version***
Es war bereits dunkel, als wir an der peruanischen Grenze angekommen sind. Als wir uns in die Schlange für unseren Stempel stellten, entdeckte Dominik auf einmal ein bekanntes Gesicht. Nur einige Meter von uns entfernt, stand eine ehemalige Mitstudentin von ihm. Es ist einfach unglaublich, wie klein die Welt ist. Wenig später trafen wir auch noch zwei Personen von unserer Spanischschule in Sucre an. Diese zufälligen Begegnungen liessen alle Gedanken zum Grenzübertritt in den Hintergrund rücken und bevor wir uns versahen, sind wir pünktlich (!) in Cusco angekommen. Dies war eines der wenigen Male, wo wir uns gewünscht hätten, dass wir mit Verspätung ankommen. Cusco war im Gegensatz zu den bolivianischen Städten um 6 Uhr morgens noch sehr verschlafen. Auch die zwei im Voraus recherchierten 24-Stunden Cafés waren natürlich geschlossen. Ja, in Südamerika reicht es häufig nicht, einen Plan A und B zu haben, sondern oftmals braucht es auch noch Plan C, D und E. Bis 8 Uhr haben wir deshalb auf einem Platz Zeit totgeschlagen, uns ein Bild andrehen lassen sowie den teuersten Schuhputzservice unseres Lebens in Anspruch genommen. Die Leute wissen halt genau, welche Tourist*innen sie übers Ohr hauen können. Dafür hatten wir seit Monaten wieder mal richtig saubere Schuhe. Man soll ja schliesslich immer das Positive im Leben sehen.
Unser Kochkurs am ersten Abend in Peru war der perfekte Auftakt, um auch gleich das Beste der peruanischen Küche kennenzulernen. Wir haben drei verschiedene Gerichte und drei Cocktails zubereitet. Danach waren wir definitiv ein wenig beschwipst und froh, dass wir im Gegensatz zu anderen in unserer Gruppe noch einen Reservetag vor unserer grossen Wanderung zum Machu Picchu eingeplant hatten.
Salkantay-Trek zum Machu Picchu
Wir haben entschieden, uns die historische Stätte von Machu Picchu mit einer wunderschönen Mehrtageswanderung zu verdienen. Die kommenden fünf Tage waren wir mit einer sehr diversen und unterhaltsamen Gruppe unterwegs. Nachdem die Fittesten am ersten Tag ihre Fähigkeiten etwas überschätzt hatten und den Berg hochgerannt bzw. barfuss in Angriff genommen haben, sah dies am zweiten Tag bereits etwas anders aus. Die Höhe hat einigen ganz schön zugesetzt und sie hatten ziemlich zu kämpfen. Der Tag war aber auch nicht ohne. Der Salkantay-Pass liegt auf 4650 m über Meer, umgeben von spektakulären weissen Gipfeln. Letztendlich haben aber alle den Aufstieg zur Passhöhe geschafft! Gemeinsam führten wir zuoberst ein traditionelles indigenes Ritual durch, um das Erreichte zu würdigen. Das Meditieren unterhalb des vergletscherten Gipfels, begleitet von Flötenklängen unseres Guides, war eine durchaus sinneserweiternde Erfahrung. Vom Hochland ging der Weg stetig abwärts in den peruanischen Dschungel. Eingebettet in die Hügellandschaft konnten wir die imposante Städte von Machu Picchu am vierten Wandertag bereits aus der Ferne bewundern und hatten unser Ziel vor Augen.
Nach einer etwas kurzen Nacht (Jana liess ihren Ärger über eine Party direkt unter unserem Zimmer freien Lauf und rettete so einige Stunden Schlaf) mussten wir bereits um 4 Uhr aufstehen, frühstücken und loslaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten auch die härtesten Typen unserer Gruppe keine Energie mehr und wir waren zusammen mit einem deutschen Paar die einzigen, welche die 1900 Treppenstufen zu Fuss auf sich nahmen. Kurz vor Sonnenaufgang erreichten wir den Eingang und durften das Gelände als erstes betreten. Noch ohne die vielen Menschenmassen war der Ort extrem idyllisch und friedlich. Wir bestaunten die hochentwickelte Architektur der Inkas und was davon für die Nachwelt erhalten blieb. Wir nahmen uns viel Zeit, um alles anzusehen, stiegen einen kleinen Berg hoch, um eine andere Perspektive zu bekommen und stiegen dann die vielen Treppenstufen wieder nach Aguas Calientes hinab.
Nach einer langen Fahrt mit Zug und Bus sind wir spätabends wieder in Cusco angekommen und freuten uns sehnlichst auf ein bequemes Bett. Nachdem wir uns von der langen Wanderung etwas erholt hatten, trafen wir uns am folgenden Tag mit einigen aus der Gruppe zum Abendessen und anschliessend ging es weiter in die Disco. Im Gegensatz zu Bolivien mussten wir uns in Peru keine Gedanken machen, unter einem Gebäude zu landen und feierten ausgelassen bis tief in die Nacht hinein.
Foodies on Tour in Lima
Danach ging es weiter nach Lima. In der peruanischen Hauptstadt wollten wir planmässig einige Museen besuchen, die Architektur bestaunen und vieles mehr, doch etwas machte uns einen Strich durch die Rechnung — das unglaublich gute Essen. Unser Foodie-Herz blühte hier so richtig auf und wir verbrachten die meiste Zeit an Essensständen, Märkten, in Restaurants und Cafés. Die peruanische Küche hatte es uns so richtig angetan und wir nutzten jede Gelegenheit, Neues auszuprobieren.
Die Stadt hat von den teuersten Haute-Cuisine-Restaurants bis hin zu unglaublich leckerem Streetfood alles zu bieten. Wir waren sogar beim besten Restaurant der Welt 2023, dem Central, bzw. wir haben von aussen einen Blick hinein geworfen. Das 14-Gang Menü kann man nur mit einer Reservation Monate im Voraus geniessen und es hätte auch unser Budget um ein Vielfaches gesprengt. Nichtsdestotrotz haben wir in den vier Tagen in einigen der besten Lokale Südamerikas gespeist.
Nebst all dem Essen haben wir auf dem Weg vom einen zum anderen Restaurant doch noch etwas von der Stadt gesehen. Lima ist nach Kairo mit seinen 9 Millionen Einwohnern die zweitgrösste Stadt, welche in einer Wüste errichtet wurde. Deshalb erstaunte es uns sehr, dass es in einigen Stadtvierteln trotzdem sehr grün wirkte. Wenn man allerdings etwas ausserhalb der touristischen Zonen unterwegs war, merkte man sofort, dass dort kein Geld für die Bewässerung vorhanden ist. Da es kaum regnet, gibt es einige Ruinen aus dem 4. Jahrhundert, die mitten in der Stadt die Zeit überdauert haben. Spannend ist, dass sie noch vor der Inkazeit errichtet wurden und daher eine total andere Bauweise als Machu Picchu aufweisen.
Da in Lima Proteste angesagt waren, verliessen wir die Hauptstadt nach vier Tagen wieder, um allfälligen politischen Unruhen aus dem Weg zu gehen. Generell ist die Lage im Land momentan etwas angespannt. Viele Reisende, die wir angetroffen hatten, entschieden sich, das Land nicht zu bereisen oder nur gewisse Teile davon zu besuchen. Nach der Absetzung des Präsidenten im Dezember 2022 kam es im ganzen Land zu gewalttätigen Protesten. Die Vizepräsidentin, welche das höchste Staatsamt übernommen hat, wird von den indigenen und ärmeren Menschen des Landes abgelehnt, da sie das verhasste Hauptstadt-Establishment verkörpert. Mit den Protesten möchten sie die Freisetzung von Castillo erzwingen und Neuwahlen erreichen.
Erneut unterwegs in schwindelerregender Höhe
Abseits der grossen Menschenmassen entschieden wir uns, nochmals einige Tage in der wunderschönen Gegend rund um Huaraz wandern zu gehen. Huaraz liegt am Rande der Cordillera Blanca, einer geschützten Bergregion in den tropischen Anden mit vergletscherten Gipfeln. Hier befindet sich auch der höchste Berg Perus, der Huascaràn mit einer Höhe von 6768 m über Meer — eine Herausforderung, der wir uns nicht auch noch angenommen haben.
Es gibt in der Gegend auch wunderschöne Wanderungen mit blauen und grünen Bergseen zu bestaunen, die «nur» bis auf 4500 m führen. Die meisten Wanderwege sind mittels Collectivos (Minibussen) erreichbar. Die Busfahrten alleine sind schon ein Erlebnis. Wenn man denkt, der Minibus ist bereits voll, hat man die Rechnung nicht mit dem Busfahrer oder den Einheimischen gemacht. Immer wieder hält der Bus an und weitere Personen steigen ein und finden irgendwie noch Platz im vollgepackten Fahrzeug. Dabei bringen besonders die Cholitas oftmals viel Gepäck mit sich, welches sie in ihren bunten Tüchern transportieren. All dies führte zu total lustigen Situationen, Gesprächen und manchmal auch ein wenig Gliederschmerzen vom unbequemen Sitzen.
Willkommen im Dschungelcamp
Nach einem weiteren Nachtbus und einem 24h-Bus von Trujillo nach Tarapoto erreichten wir den Ausgangspunkt unseres ersten Volontariats bzw. Workaway, wie es auch genannt wird. Wir unterschätzten die Distanzen von Huaraz in den Amazonas total, war es doch der erste freiwillige Termin den wir uns seit drei Monaten gesetzt hatten. Die 24 Stunden ohne richtiges Essen und die vierstündige Verspätung des Busses aufgrund eines Motorschadens führten dazu, dass wir ziemlich gestresst noch einige Besorgungen für unser Workaway machen mussten. Weiter ging es mit einem Fünfplätzer zu siebt eine Stunde über holprige und ausgewaschene Dreckstrassen mitten ins Nirgendwo. Wir erreichten unsere neue Arbeitsstätte bei Nacht und konnten daher noch nicht viel von unserem temporären Zuhause der nächsten zwei Wochen erkennen.
Mit dem Erwachen am nächsten Tag realisierten wir, auf was wir uns eingelassen hatten — willkommen im Dschungelcamp! Die Ausstattung hätte kaum rudimentärer sein können. Unsere Freiluftküche wurde von verrückten Hühnern bevölkert, es gab bloss eine Toilette für 12 Personen ohne Spülung und aus dem Wasserhahn kam braunes Dreckwasser, das bestimmt nicht «perfectly drinkable» war. Dazu kam, dass es an unserem ersten Tag weder Instruktionen zum Camp oder der Arbeit gab. Etwas irritiert kochten wir uns unfreiwillig Porridge mit Wasser und wurden schliesslich doch noch von einer Britin in das Nötigste instruiert. Als es dann aber hiess, wir sollten am Fluss grosse Steine sammeln und diese mit einer Menschenkette den Hügel hoch transportieren, reichte ein Blickkontakt, um unsere anfänglichen Bedenken noch mehr zu schüren. Nach total verkochten Spaghetti ohne Sauce zum Mittagessen können wir nicht leugnen, dass wir mit dem Gedanken spielten, das «Projekt» vorzeitig abzubrechen.
Am ersten Abend haben dann aber zwei Spanierinnen den Kochlöffel in die Hand genommen und uns mit den einfachen Mitteln, die wir zur Verfügung hatten, ein Festmahl gezaubert. Das war der Start einer genialen Kochkultur, die sich in den folgenden zwei Wochen etablierte. Jeden Abend hatten wir ein typisches Gericht aus einem anderen Land und haben so viele neue Speisen kennengelernt. Ganz besonders angetan haben es uns die Gnocchi aus grünen Bananen und der Fleischersatz, den wir aus den gekochten Bananenschalen kreierten. Was total merkwürdig klingt, war unglaublich lecker und haben wir auf der weiteren Reise auch bereits nachgekocht.
Nicht nur das Essen hat die Situation im «Dschungelcamp» drastisch verbessert, sondern auch unsere Herangehensweise an die tägliche Arbeit. Wir haben entschieden, das Beste aus der Situation zu machen, Vorschläge für Verbesserungen anzubringen und das Ganze als ein Abenteuer anzusehen. Leider ist dies nicht allen gelungen und zwei Personen, die mit uns am Dienstag angereist sind, haben sich schon am Samstag entschieden, zusammen mit einigen anderen Workawayers bereits wieder abzureisen. Der Personenwechsel hat der Gruppe gut getan und es haben sich neue Dynamiken entwickelt.
In den folgenden 1.5 Wochen haben wir sehr viele Bauarbeiten für das neue Hostel erledigt. Ein grosses Projekt waren die Adobe-Wände aus Matsch und getrockneten Bananenblättern, die wir zuvor mit Macheten von den Bananenbäumen abschneiden und in kleine Stücke reissen mussten. Indiana Jones Teil 2 lässt grüssen. Der Matsch musste mit den Füssen so lange gestampft werden, bis er die optimale Konsistenz vergleichbar mit einem Schokoladenmousse erreichte. Wir haben uns also wortwörtlich nicht nur die Hände, sondern auch die Füsse schmutzig gemacht.
In unserer zweiten Woche sind dann nochmals neue Personen zur Gruppe gestossen. Wir haben dies als Chance gesehen, einige der Tasks, die wir nicht so mochten, an die Neuen zu übertragen. Der Plan ging nur begrenzt auf. Letztendlich haben wir uns mit unseren «Opfern», einem britischen Paar, zwar richtig gut angefreundet, das Bananenblätter-Sammeln mit den Macheten sind wir aber doch nicht wirklich losgeworden. Wenn sie das nun lesen, müssen sie bestimmt schmunzeln, haben sie uns doch im Nachhinein erzählt, dass wir sie mit unserer «seriösen» Haltung, die Arbeit so ernst zu nehmen, zu Beginn ziemlich eingeschüchtert hätten.
Nebst unseren neuen Freunden mussten wir uns gezwungenermassen auch mit Insekten anfreunden. Tagsüber und besonders in der Dämmerung wurden wir von unseren Mückenfreunden umworben, wir grüssten jeden Abend die Riesenkakerlake auf der Toilette und teilten unser Zimmer jede Nacht mit tausenden von Ameisen. Eine Blockade aus Kaffee und Zimt, wer mag schon Zimt, reichte aber aus, um letzteren schon vor der Türschwelle gute Nacht zu sagen. Um unsere Dschungelcamp-Erfahrung zu komplettieren, wurde Jana noch von einer Bullet-Ameise gebissen. Dieser Biss gehört zu den schmerzhaftesten Insektenstichen weltweit, die nicht giftig sind. Der Schmerz war glücklicherweise nach 12 Stunden und einigen Tränen wieder vorbei.
Als Abschluss unseres Workaways haben wir dann noch das Logo für das neue Hostel designt. So cool es am Ende mit unserer Gruppe und besonders mit unseren drei Lieblingsbrit*innen war, so freuten wir uns trotzdem riesig auf die Annehmlichkeiten eines fertigen Hostels: eine Dusche mit warmem Wasser, eine Toilette mit Spülung, eine Küche ohne Hühner und Ungeziefer. Mit einem gemeinsamen Pizzaessen und anschliessendem Barbesuch mit unserer Gruppe ging es zurück in die Zivilisation.
Zurück in der Zivilisation
Auf unserem Weg an die peruanische Küste legten wir noch einen Zwischenstopp beim Gocta-Wasserfall ein — einer der höchsten Wasserfälle der Welt. Nach sieben Stunden Autofahrt und einem anschliessenden 40-minütigen Mototaxi durch die kalte und windige Nacht sind wir um 21 Uhr in dem kleinen Dorf Cocachimba angekommen. Eigentlich wünschten wir uns nichts sehnlicher als ein richtig gutes Abendessen.
In dem kleinen Dorf war zu dieser Zeit jedoch alles bereits geschlossen. Total hungrig ging es daher ab ins Bett und erneut war eine Zwangsdiät wie auf der Anreise zum Workaway angesagt. Am nächsten Tag wurden wir dafür mit einem wunderschönen Bergpanorama direkt vor unserem Fenster begrüsst, sind zum Wasserfall gewandert und kamen zu unserem wohlverdienten Essen.
Dann ging es auch schon weiter an den Strand und wir freuten uns auf ein paar ruhige Tage in Mancora nahe der ecuadorianischen Grenze. Der Ort hatte einige schöne Restaurants, allerdings ist das Städtchen ansonsten keine architektonische Meisterleistung. Abgesehen von einer Grillenplage am zweiten Abend waren die Tage sehr erholsam und das warme Wetter, die Meeresbrise und das Nichtstun haben uns gutgetan.
Von den politischen Unruhen haben wir während unseres gesamten Aufenthalts in Peru glücklicherweise nichts mitbekommen und die im Juli angekündigten Proteste haben nicht stattgefunden. Die sechs Wochen im Land der 3000 Kartoffelsorten sind erneut wie im Fluge vergangen und es stand bereits das nächste grosse Highlight, die berühmten Galapagosinseln, auf dem Programm. Dort werden wir das britische Paar von unserem Workaway wieder treffen und mit ihnen eine unvergessliche Woche verbringen. Danach folgt mit dem ersten Besuch aus der Schweiz der nächste Höhepunkt der Reise. In diesem Sinne: Adiós Perú rico, dein Essen wird uns fehlen!
Damit wir unserem Namen DJ on Tour gerecht werden, findet ihr hier ein Lied, das uns während unserer Zeit in Peru begleitet hat.
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